Geister

Li führte Ari seit Tagen durch die engen Nächte in Tsim Tsa Tsui, nur beim Tanzen wurde er zum Lehrer. Sie beobachtete die Abfolge der Schritte und in ihrer unbeholfenen Gleichförmigkeit fand sie Trost für all die Dinge, die sie nicht verstand. Die Lichter der Türme verband sie zu gedrungenen Gestalten, die über den Beton der Stadt huschten wie die Geister aus alten Geschichten. An ihrem letzten Abend kehrten sie zurück ans Meer und lauschten der Stille einer Stadt. Sie hatten nie einen Versuch unternommen, den Raum zwischen ihnen zu überwinden. Allein ihre Einsamkeit hatten sie gemeinsam.

Selbstsucht

Lue liebte ihre Aufpasserin. Vom ersten Moment an wusste sie, dass sie ihr nichts ausschlagen konnte. Sie liebten sich jeden Freitag, wenn die anderen schon gegangen waren und blieben beieinander bis zum nächsten Morgen. Lue verzehrte sich in ihrer Zelle im Gedanken an ihre Präsenz, an ihr Bewusstsein, ganz nah bei ihr zu sein, und wünschte, diese Fantasie würde niemals enden. Sie nahm sie mit sich und träumte selbst Monate nach ihrer Entlassung noch von ihr. Es gab ihr eine Bestimmung jenseits jeder Realität und Lue wusste, dass diese Sehnsucht für sie mehr wert war als die Erfüllung einer Wiedervereinigung. Sie würde nie wieder aufgeben.

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Die Körper nackter Frauen, die längst vergangen waren, breiteten sich zwischen ihnen aus und Lue beobachtete wie Aris Hände über sie glitten und ihre ewige Sexualität bewunderten. Nach einer Weile schob er das Heft beiseite und schaute zu ihr auf. Sie schaute zurück und wollte, dass sie ihn berühren konnte. Manchmal fantasierte sie von seinen Händen auf und in ihr, aber die Bilder der Toten kamen hervor und sie ließen sich beide von ihnen verführen.

Sie wussten, dass sie mit anderen schliefen, aber fanden keine Erlösung darin.

„Sex wird viel zu ernst genommen.“, lachten sie und meinten: „Ich will dich ficken und es fühlen.“

Letzte Wohnung

Lue verlässt ihre letzte Wohnung nach einem starken Regen. Licht aus tausend Reflektionen tanzt die leere Straße auf und ab, eine feuchte Stille, die nur vom Zufallen der Tür hinter ihr kurz durchbrochen wird. Lue blinzelt und erst jetzt realisiert sie, dass sie obdachlos ist, ohne Job, ohne Wohnung. Sie zieht ihren Koffer an sich und versucht zu überlegen, wohin sie gehen soll.
Im Zug stellt sie sich schlafend und heute hat sie Glück. Noch sieht sie nicht zu heruntergekommen für den Schaffner aus. Sie gleitet dahin und die Frage mit ihr.

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